Einladung ins Wanderland Albanien

Reisen in Albanien boomt. Fernab von Massentourismus nahm ich einen Augenschein des ehemaligen, kommunistischen Landes. In einer geführten, schwulen Reisegruppe. Meine Eindrücke.

Das erste Mal an eine Reise nach Albanien dachte ich 2017. Damals gründeten Bekannte von mir (Aylin Bakir & Saimir Shala) «Albanien Reisen». Unter einer Wander- und Kulturreise in dem südeuropäischen Land konnte ich mir jedoch kaum etwas vorstellen. Mein Umfeld und ich bereisten bisher eher Griechenland, Kroatien oder Italien. Die Reise nach Albanien blieb beim Gedanken. Bis mich sieben Jahre später (2024) «Albanien Reisen» zu einer einwöchigen Reise einlud.

Wanderung zur Gjipe-Bucht.


Schwule Wander- und Kulturreise

Ein bisschen neugieriger als sonst traf ich Mitte Mai am Flughafen Zürich ein. Nach unzähligen Ferien allein trat ich eine geführte Reise an. Wer wohl mit mir Albanien entdecken würde? Mir war klar: Die «Reisegspändlis» müssten eigentlich schon mit mir am Abflug-Gate sein. Ich öffnete die vom schwulen Reiseveranstalter organisierte Whatsapp-Gruppe und schaute auf zwei Profilbilder, die mir angezeigt wurden. Dann schaute ich in die Runde und scannte den Raum. Nach einer Weile entdeckte ich die Gesichter in der Schlange vor dem Gate und trat an die Gruppe heran: «Seid ihr Teil der Pink-Alpine-Reisegruppe?» «Sehen wir so schwul aus, dass du uns erkannt hast?!», kontert einer der Teilnehmenden. Wir lachen. Ich dementiere. Und verweise auf die Whatsapp-Profilbilder. Eine weitere Person stösst dazu. Unsere kleine Reisegruppe ist komplett. Zusammen gehen wir an Bord des Direktfluges nach Tirana. In weniger als zwei Stunden kommen wir in Albaniens Hauptstadt an, werden von Reiseleiter Boris herzlich willkommen geheissen und erleben eine einwöchige Reise mit vielen, einmaligen Eindrücken.

Tirana überrascht

Albanien war bis vor wenigen Jahrzehnten (bis 1991) einer Diktatur unterworfen. Enver Hoxha hatte das Land mit seiner kommunistischen Partei seit dem zweiten Weltkrieg im Griff. Heute erinnern Gebäude wie das Nationalmuseum am Skanderberg-Platz mit ihrem Baustil daran. Auch wenn die Geschichte aufgearbeitet wird. «Eben erst wurde das Mosaik-Bild auf der Fassade renoviert», erzählt uns Reiseleiter Boris und fügt an: «Der kommunistische Stern bei der Albanien-Fahne wurde dabei weggelassen.»

Nebst Moscheen, Minaretten und kommunistischer Architektur blitzen immer wieder Neubauten hervor, die der Stadt einen äusserst modernen Touch verleihen. Aktuelles Beispiel ist das Projekt «Pyramid of Tirana» des holländischen Architekturbüros «MVRDV». Aus einem ehemaligen Museum, zu Ehren des verstorbenen Diktators, entstand ein Hub für Cafés, Start-Ups und Ateliers.  

Einsames Bergdorf im Hinterland.

Wanderungen im Mooswald und am Meer

Am ersten Tag nach der Ankunft verlassen wir Tirana und starten die erste Wanderung. Der Mooswald im Llogara Nationalpark erinnert mich in den ersten 30 Minuten an Schweizer Wanderwege. Danach folgen in den nächsten Stunden (und Tagen) beblumte Wiesen, mediterranes Gebirge, das adriatische und ionische Meer, Blick zur griechischen Insel Korfu, einsame Bergdörfer, Olivenhainen, türkisblaues Wasser und idyllische Strände.

Wandernd entdecken wir Albanien als Land, das eine vielseitige Natur zu bieten hat, die Mitte Mai noch von fast keinen anderen Tourist*innen entdeckt werden will. Äusserst selten kommen uns andere Menschen entgegen. Und wenn, dann am ehesten Hirt*innen mit ihren Schafen und Hunden. Bellend wollen diese jeweils ihre Herde verteidigen, geben sich aber spätestens dann kleinlaut, als unser Reiseführer ihnen ein Stück seiner Fleischwurst zuwirft: «Die habe ich extra wegen den Hunden gekauft».

Wanderung nach Drobonik mit Berat (UNESCO-Weltkulturerbe) im Hintergrund.

UNESCO-Weltkulturerbe und Weindegustation

Zweimal lasse ich einen Teil der Wanderung aus, um mich am Strand zu sonnen oder in Ruhe ein Glas Wein zu geniessen. «Ich wusste gar nicht, dass es die geführte Wanderreise auch als Badeferien gab», scherzt einer aus der Gruppe. Aber zurück zum Wein. Wie das köstliche, hausgemacht Essen, das wir überall kriegen, stammen auch die Weine häufig aus Eigenproduktion. Einblick in die Weinwelt Albaniens kriegen wir zusätzlich bei einer Weindegustation in Berat. In einem beeindruckenden Garten am Rande der Stadt probieren wir uns durch einheimische Schaumweine, Rosé, Weiss- und Rotwein.

Berat hat aber noch vieles mehr zu bieten. Die von Osmanen geprägte Stadt gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe und überzeugt mit einer bewohnten Befestung, sowie einer malerischen Altstadt. In dieser geniessen wir als Gruppe den letzten Abend unserer 8-tägigen Reise. ‘Wie konnte ich nur sieben Jahre auf eine Reise hierhin warten’, denke ich mir. Dann stossen wir an auf die neue Bekanntschaft: Albanien.

Abendstimmung in einem der idyllischen Restaurants in Berat.

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Ich ziehe (schon wieder) um.